Stifter Jahrbuch 30/2016

In der kommenden Woche wird das Stifter Jahrbuch 2016 erscheinen, unter anderem mit einem Gedenkschwerpunkt Kurt Krolop. Empfehlenswert erscheint mir speziell Jörg Krappmanns Beitrag zu Hugo Maria Kriz und dem Humor im Grenzlandroman („Macht Nußstrudel eigentlich dick?“), der zugleich ein verlässlicher Crashkurs zum Stichwort Grenzlandroman ist. Dazu gibt es (wissenschaftliche) Erinnerungen und Dokumentiertes, eine Darstellung der Kurt-Krolop-Forschungsstelle zur deutschböhmischen Literatur am germanistischen Institut der Karls-Universität Prag sowie von Julia Hadwiger und Bernd Hamacher eine sehr solide Arbeit über Stefan Zweigs (frühe) Prager Kontakte, namentlich Camill Hoffmann.

So wichtig mir der Karl-Kraus-Forscher Kurt Krolop ist, am allerliebsten ist mir im Jahrbuch doch etwas ganz anderes, nämlich der Abschiedsvortrag Jozo Džambos: Pán Tadija und gospodin Kamill – ein großartiges Stück Redeschriftkunst, das harmlos genug mit Erinnerungen an den ersten Arbeitstag und das Vorstellungsgespräch beim Adalbert Stifter Verein in München beginnt, von dort aus zum Großvater im k.u.k. Bosnien gelangt, der wiederum vom Ersten Weltkrieg erzählt, Feldpostkarten in allen Sprachen schreibt und danach noch lange mit einem Prager Waffenbruder Korrespondenz führt, welcher Kamill Resler heißt und den uns Džambo – wir wissen gar nicht recht, wie – als großen, würdigen Rede-, Forschungs- und Gedenkgegenstand entdeckt. Kamill Resler kommt sonst bislang kaum irgendwo vor, und wir stehen beschämt. Und wir hätten gleich Verdacht schöpfen sollen, wenn einer wie Džambo mit der Berufung auf Briefsteller und Ratgeberliteratur (Der gute Ton) angeritten kommt!

Wer den Vortrag am 19. März 2015 im Sudetendeutschen Haus gehört hat, lese ihn gleich wieder, wer ihn verpasst hat, lese ihn noch 2016 nach. Wer sprachkundig genug ist, wühle sich durch den Fußnotenapparat und lege ein deutschsprachiges Pendant zum tschechischen Wikipedia-Eintrag an. (Übrigens hat auch der bosnische Wallfahrtsort Podmilačje, der in der Erzählung vorkommt, noch keine deutsche Entsprechung.) Wer ein Dissertationsthema sucht, wähle sich Kamill Resler. Und wer Jozo Džambo auf der Straße trifft, grüße ihn recht herzlich und mit Hochachtung.